Die Wahrnehmung auf sich selber aufmerksam machen ...

Ein Portrait von Helmut Lachenmann

Meine erste Begegnug mit Helmut Lachenmann, 1989 in der Musikhochschule in Stuttgart. Da ich gleichzeitig für ein Theaterfestival in Landshut arbeitete, rief ich ihn an und schilderte ihm mein Problem: Leider habe ich keine Zeit gehabt, auch nur eine einzige Note ihrer Musik zu hören, geschweige denn etwas zu lesen, was er über seine Musik geschrieben hatte oder was über seine Musik geschrieben wurde. Ich wüsste nur von ihm, da ein gewisser Herr Michael Kopfermann, über den ich zuvor eine Radiosendung produziert hatte, seinen Namen so oft erwähnte, so dass ich auf ihn neugierig geworden sei. Ob es also möglich wäre, dass wir uns mit mir als vollkommen Unwissenden über seine Musik, sein Komponieren unterhalten könnten - ich würde versprechen, dass ich dann gründlich recherchieren würde, ehe ich mein Manuskript zu Papier bringen würde. Helmut Lachenmann antwortete: Wenn ich unwissend käme und ihm zuhörte, wäre ihm das hundert Mal lieber, als wenn ich meine Sendung über ihn schon im Kopf hätte, bevor ich mit ihm gesprochen hätte.

Wir unterhielten uns dann gute 4 Stunden, jedenfalls so lange, dass der Akku meines Kassettenrekorders langsam den Geist aufgab und die Aufnahmegeschwindigkeit drosselte, was bei der Wiedergabe dazu führte, dass Helmut Lachenmanns Stimme gegen das Ende unseres Gespräches wie Mickey Mouse klang. Eine technische Apparatur des Bayerischen Rundfunks, die man "Waschmaschine" nannte, mit welchen man Wiedergabegeschwindigkeiten stufenlos einstellen konnte, bog das wieder hin ...

Nach der Sendung, das habe ich auch noch in Erinnerung, rief mich der Chef der BR-Musikabteilung, und meinte, er habe mein Portrait mit Interesse gehört. Bislang habe er Helmut Lachenmann als pubertären Rebellen und Zerstörer um des Zerstörens Willen wahrgenommen. Nach meinem Beitrag könne er Lachenmanns Vorgehensweise beim Komponieren, seine Gedankengänge respektieren, wenngleich er seine Musik niemals lieben würde.

Wenig später bekam ich meinen ersten Auftrag für eine eigene einstündige Hörfunkproduktion über den damals sehr erfolgreichen Komponisten Hans-Jürgen von Bose.

Cast & Crew

Regie
Uli Aumüller
Musik
Helmut Lachenmann
Redakteur/in
Wolf Loeckle