Sinnentleerung durch Lusterfahrung
Hans-Jürgen von Bose stand 1990 auf dem Höhepunkt seiner Karriere - und komponierte an seiner Oper im Auftrag der Bayerischen Staatsoper. Aus diesem Grund trafen wir uns für ein Interview erst relativ spät, so gegen 22 Uhr, wenn ich mich recht erinnere - und zwar sollte es um einen Vergleich gehen zwischen seinem dritten Streichquartett und der Musik von Prince (dessen Popularität er für seine Musik auch anstrebte). Wir begann zu reden und redeten und tranken und rauchten und redeten und lachten und lallten und immerzu lief der Kassettenrekorder und zeichnete all unser Reden auf, ganz gleich, ob es tiefsinnig war oder einfach nur trunkenes Geplapper. Hinterher machte ich mich daran, all das abzuschreiben und sorgsam zu sortieren - Satz für Satz in die Noten der Partitur einzukleben (tatsächlich mit Schere und Klebstoff) - um in dieser Weise eine Sendung herzustellen, die den Anspruch hatte, den energetischen Verlauf des Streichquartetts nicht aufzugeben (Musikausschnitte wurde durch O-Töne gleicher musikalischer Energie ausgetauscht) - und auch versuchte ich, die Idee von Hans-Jürgen von Bose nachvollziehbar zu machen, dass nur eine bisexuelle Gesellschaft eine friedliche Gesellschaft sein könne.
Seine eigene Anregung aufgreifend unterhielt ich mich ca. 5 Stunden mit HANS-JÜRGEN VON BOSE über Ähnlichkeiten und Unterschiede seiner Musik (am Beispiel des 3. Streichquartetts) zur Musik des Popstars PRINCE.
Zwei Themen standen im Zentrum: 1. Behindert der steady beat die Wahrnehmung oder ist er es, der unter der Gürtellinie zu rühren vermag?. 2. Androgynität und Bisexualität als musik-ästhetisches Programm?
Die strukturelle Besonderheit der Sendung: Passagen des Streichquartetts werden durch Gesprächsausschnitte/PRINCE-Songs gleicher emotionaler Qualität ausgetauscht, von der Aussage des Streichquartetts geht (plusminus) nichts verloren.
Erstsendung: 20. April 1990
Cast & Crew
- Regie
- Uli Aumüller
- Musik
- Hans-Jürgen Von Bose