Les Sons des Sous / Der Klang des Geldes

Radiotop von Uli Aumüller und Martin Daske

Les Sons des Sous, eine Produktion von Uli Aumüller und Martin Daske für die Sendereihe “Radiotop” des SR, erzählt zwei Geschichten zur gleichen Zeit, oder besser gesagt: während im Vordergrund die eine Geschichte zu hören ist, läuft im Hintergrund eine zweite Geschichte, die aus der ersten hervorgegangen ist.

Der Vordergrund ist eigentlich “nur” ein Interview, ein Gespräch mit dem Börsenbuchautoren Dr. Bernd Niquet, über seine jüngste Publikation “Der Crash der Theorien”. Das Gespräch holt zunächst etwas weiter aus, beschäftigt sich mit den Grundlagen der Börse: Warum steigen die Kurse, warum sinken sie, wer hat welche Vorteile von steigenden Kursen und warum müssen Aktiengesellschaften immer höhere Gewinne erwirtschaften. Dann geht es um die zentralen Fragen des Buches: Warum müssen Theorien, die die Entwicklungen der Börsenkurse vorherbestimmen wollen, notwendiger Weise crashen? Und schließlich: Warum kann man trotz aller Unwägbarkeiten von einem steten alljährlichen Durchschnittswachstum der Börsentitel von mind. 7 Prozent ausgehen?


Auf all diese Fragen versucht Dr. Bernd Niquet plausible, und für den Laien nachvollziehbare Antworten zu geben, eine knappe Stunde lang, immer auf der Grundlage strenger wirtschaftsanalytischer Argumente, bis er gegen Schluß diesen Pfad der rationalen Tugend einen Augenblick lang verläßt: Um eine Vision, eine Utopie auszumalen, wohin sich unsere Gesellschaft mit dieser Art des Wirtschaftens seiner Meinung nach entwickeln wird. Und auch diese Vision ist nicht aus den Wolken gegriffen, erscheint logisch und konsequent.


Den Autoren schien sich in dieser utopischen Passage ein Verdacht zu bestätigen, den ein berühmter Soziologe rund 70 Jahre zuvor auch schon entwickelt hatte: Max Weber in seinem berühmten Aufsatz über die protestantische Ethik und den Geist des Kapitalismus. Sind also nicht häufig genug gerade dann, wenn sich der Rationalismus am kristallinsten ausprägt (im Falle von Bernd Niquet ist es der Traum eines Lebens unter Glaskuppeln, entrückt von aller Natur), die Wirkungen andere Kräfte nachweisbar, Mythologien, religiöse Strukturen. Sind also - frei nach Max Weber - steigende Aktienkurse auch als göttliche Gnadenbeweise lesbar, die tägliche Kontingenz als ein Zeichen menschlicher Fehlbarkeit, das Urteil des Marktes die Immanenz der Transzendenz? Die Börse und ihr Umfeld nichts anderes als eine Gemeinde, die sich sogestalt strukturiert hat, daß sie sich ihren alljährlichen (durchschnittlichen) göttlichen Gnadenbeweis garantieren kann. Sind Börsenbarometer subkutan Himmelsleitern? Und sind die Börsianer getrieben von der Hoffnung, irgendwann aus den diesseitigen Gefilden abzuheben in himmlische - oder wie in diesem Fall: zumindest schon mal gläserne Sphären?

Es lassen sich für diesen Annahmen (die die meisten Börsianer wahrscheinlich brüskiert von sich weisen würden) sicherlich einige plausible Gründe finden, aber Uli Aumüller und Martin Daske haben sich gedacht, ihren Kommentar zu diesem Gespräch über die Börse einen anderen Medium anzuvertrauen, als einen weiteren Text über einen Text zu schreiben. Sie komponierten eine Musik, die dem Interview von Anfang bis Ende unterlegt ist. Und diese Musik ist eine Art von Himmelsleiter, mit einem gewissen Humor, denn sie steigt auf von Unterwassergeräuschen über Verkehrslärm bis hin zu Nonnengesang und vielstimmigen Kanons aus Vogelgezwitscher. Sie nutzt Zufallsprogramme für die alltäglichen Turbulenzen, sie läßt komplexe Gedankengänge ab und zu mal in “Sprachwolken” untergehen. Und die Musik folgt wie eine Fieberkurve mit gelegentlichen Crashs der wachsenden Euphorie des Börsenfachmanns, bis sie an ihrem Höhepunkt bei der globalen Gefräßigkeit der kapitalistischen Wirtschaftsform angelangt ist, und dann - ja und dann bleibt es stehen in einer unbewegten, grellen Klangfläche, unbelebt und glasklar, in einer anderen Sphäre eben, einer über- oder unmenschlichen.

Uli Aumüller/Martin Daske
Les Sons des Sous/
Leçons des Sous/
Les Sons dessous


© SR “Radiotop” 1997/52´

Uli Aumüller: Du hast ein Buch geschrieben, das heißt “Der Crash der Theorien”. Welche Theorien gibt es, und warum crashen sie, und wenn alle Theorien crashen, warum funktioniert es überhaupt, wenn es keine Theorien gibt von etwas, wie kann man das beschreiben, warum wird das Geld immer mehr, oder nicht, oder was wird da überhaupt mehr?

Dr. Bernd Niquet: Also Theorien ist ein sehr hoch gegriffener Begriff für viele Leute, die sich unter Theorien große physikalische Gesetzmäßigkeiten vorstellen, und ich behaupte, daß wir eigentlich für alle Sachen Theorien brauchen, ohne Theorien können wir überhaupt nicht handeln, es gibt sehr gut bestätigte Theorien, das ist zum Beispiel die der Erdanziehungskraft, wenn ich also einen Gegenstand fallen lasse, dann bewegt der sich nach unten, und am nächsten Ziel schlägt er auf, das würde man im normalen Sprachgebrauch eigentlich nicht als Theorie bezeichnen, ich sage aber, daß das natürlich eine Theorie ist. Es ist eine sehr gut bestätigte Theorie, man könnte sagen, vielleicht sogar eine wahre Theorie, bloß wahre Theorien, das sagt uns die Philosophie, wir können also eine Theorie nie als wahr darstellen, sondern wir können nur sagen, daß sie bis heute funktioniert hat.

(Sprachwolke)


N: Und genauso ist es eigentlich auch, wenn ich mein Geld anlege, und wenn ich an der Börse mich engagiere, dann mache ich das aufgrund einer Theorie, ich habe also, ich mache mir Gedanken, und ich habe eine Zielvorstellung, was passieren könnte, und das ist immer eine Theorie. Und meine grundsätzliche Aussage ist, daß es vielfach verkannt wird, daß an den Märkten immer zwei Partner gegenüberstehen. D.h. also ein Markt wie eine Börse kann nur dann funktionieren, wenn es auch unterschiedliche Theorien gibt. Da muß man auch unterscheiden zwischen - ich sage jetzt - Vermögensmärkten, also Börsenmärkten, an denen Vermögen angelegt wird, und einfach nur normalen Gütermärkten. Auf Gütermärkten kann es auch Umsätze geben oder die können ganz normal funktionieren, wenn alle Leute die gleiche Theorie haben. Denn ich muß, um am Leben zu bleiben, muß ich essen ich muß trinken, ich muß wohnen, und mehrere andere Sachen auch, d.h. ich muß mein Geld für bestimmte Sachen ausgeben. D.h. es werden Umsätze stattfinden, und da gibt es vielleicht mal Preisveränderungen, daß wenn die Leute sehr wild auf ein Gut sind, daß das in den Preisen steigt, aber normaler Weise ist das doch relativ moderat dabei. Auf jeden Fall es müssen Umsätze stattfinden. Und dabei können alle Leute der Meinung sein, daß die nächste Ernte schlecht wird, oder das ist vielleicht nicht mehr ganz zeitgemäß, aber in früheren Zeiten waren eben die Lebensmittelpreise das wichtigste, es ist völlig egal, selbst wenn die Ernte als schlecht angesehen wird, oder nehmen wir an, sie wird als sehr gut angesehen, dann werde ich trotzdem jetzt zu vermeintlich höheren Preisen noch was kaufen müssen, weil ich mich jetzt einfach ernähren muß. Also es wird so vom Muß und vom Verbrauch bestimmt werden, während auf Vermögensmärkten...


U: Wobei die Getreidepreise sinken werden, wenn zuviel Getreide auf dem Markt ist...

N: Das ist richtig, da gibt es sicherlich Preisbewegungen, aber es wird Umsätze geben ich muß mich jeden Tag ernähren, d.h. ich muß jede Woche oder jeden Monat ich muß mein Getreide einkaufen, egal wie die Preise sind.

(Musik)

N: An den Vermögensmärkten sehe ich die Sache eigentlich ganz anders. D.h. ich lege mein Geld an, ich lege es in Aktien oder sonst was an, und ich muß eigentlich nicht umschichten. Niemand muß umschichten, wenn er das nicht benötigt, um Konsumakte also um das zu verkonsumieren. Aber um das analytisch klar zu machen, kann man davon auch abstrahieren, die meisten Leute investieren ihr Geld, um das später mal zu benützen. Und da sage ich, es kann an den Vermögensmärkten an den Börsenmärkten eigentlich nur dann Umsätze geben, wenn die Leute unterschiedlicher Meinung über die Zukunft sind, d.h. ich werde nur dann Aktien kaufen, wenn ich auch glaube, daß ich davon später auch mehr zurück mehr Geld zurückbekomme, andererseits werde ich mich nur dann von einer Aktie trennen, mit der Ausnahme, daß ich es verbrauchen muß, aber die Umsätze sind so vehement an den Aktienmärkten, daß man dieses Argument echt vernachlässigen kann, ich werde mich nur dann von ner Aktie trennen, wenn ich glaube, daß entweder die Aktie fällt, in Zukunft, oder ich in einer anderen Vermögensanlage bessere Erträge erwirtschaften kann, bloß diese Prognose, diese subjektive Prognose, die stelle ich für mich selber, und da jedem Aktienkauf einem Käufer ein Verkäufer gegenübersteht, muß es unterschiedliche Einschätzungen über die Zukunft zu jedem Zeitpunkt geben. Und das wird in vieler Hinsicht wird das vernachlässigt, es wird geschrieben, es gibt mehr Käufer als Verkäufer am Markt, ist völliger Unsinn, kann es garnicht geben. Denn wenn es mehr Käufer gäbe, dann würden manche Käufe nicht befriedigt werden, weil sie können ja nur dann ausgeführt werden, wenns auch im gleichem Umfange Verkäufer gibt...

U: Na wieso, das sehe ich nicht ganz so. Also die so wie ich es verstanden habe, gerade an den Aktienmärkten sind ja viele Kaufangebote ja so, daß ich sage, ich nehm jetzt irgendein Beispiel, BASF-Aktie, liegt jetzt bei 70 Mark ungefähr, oder 60 Mark ich weiß nicht, und dann gibt es Leute, die sagen ich kaufe BASF soundso viel Stück für 60 Mark. Andere gibt es, die sagen, ich kaufe zu jedem Preis, und andere gibt es, die sagen, ich kaufe zu 65 Mark, und andere sagen ich kaufe für 70. Und nur, die sagen, ich kaufe für 70 kriegen tatsächlich ihre Aktien, wenn der Kurs bei 68 steht. Die anderen kriegens halt nicht. Sind aber dennoch im Prinzip Käufer. Zumindest solche, die da nachgefragt haben.

N: Es kann natürlich sein, daß mehr potentielle Käufer am Markt sind als potentielle Verkäufer, aber nichtsdestotrotz, wenn ein Umsatz stattfindet, d.h. wenn die Käufer ihre Aktien bekommen, ....

U: Dann gibt es genauso viel.. ja..

N: ...dann müssen es genauso viel Verkäufer sein, und das ist logisch nicht anders denkbar, als daß die Verkäufer von den Aktien der Meinung sind, daß sie zukünftig fallen werden oder daß sie eine Verwendungsart für ihr Vermögen gefunden haben, d.h. sie gehen davon aus, daß sie zukünftig fallen und daß sie damit nichts mehr zu tun haben wollen, oder daß sie die später billiger zurückkaufen können, sonst würden sie nicht kaufen. Und das ist ein ganz entscheidendes Moment, was in den meisten Marktkommentaren nicht berücksichtigt wird.

U: Oder es sind Beteiligungsgesellschaften, oder wie soll ich sagen gegenseitige Verwandtschaften unter den Betrieben, die sich ja auch gegenseitig ihre Aktien kaufen und verkaufen. Also wenn zum Beispiel sagen wir die Bayerischer Vereinsbank hypothetisch beschließt, daß sie ihre Beteiligung an der Münchner Rückversicherung senkt, aus welchen strategischen Gründen auch immer, was weiß ich...

N: Na gut, dann gehen sie davon aus, daß sie eine bessere Verwendungsart haben für ihr Geld, für ihr Vermögen finden, wenn sie sagen, wir senken die, dann werden sie das ja hinterher irgendwie alternativ einsetzen. Das Kapital, d.h. sie gehen davon aus, daß es eine bessere Anlageform gibt. Und derjenige, der diese Aktien dann kauft, wird der Meinung sein, daß das die beste Verwendungsart für ihn ist, und daß deswegen sage ich, es gibt es muß überhaupt, um Umsätze zu geben, muß es unterschiedliche Meinungen geben, deswegen sind Marktkommentare, wie man sie häufig liest, daß es also mehr Käufer oder Verkäufer gibt, oder daß die Marktteilnehmer sind der Meinung, daß die Kurse weiter steigen werden, völliger Unsinn sind. Das kann sein, daß die Käufer mehr interessiert daran sind, Papiere zu kaufen als die Verkäufer ihre Papiere los zu werden, und die Kurse deswegen steigen, aber die Marktteilnehmer - so was gibt es überhaupt nicht...

(Sprachwolke)

U: Das knüpft an an einen Satz, der bei diesen Marktprognosen immer häufig fällt, gerade in letzter Zeit, es sei sehr viel Liquidität im Markt. Das bedeutet, daß soweit ich es verstehe, daß viele Leute Kapital haben, Geld haben, in welcher Form auch immer angelegt, also sagen wir zum Beispiel entweder als Barvermögen, als Sparbuch oder Girovermögen, oder aber in irgendwelchen festverzinslichen Papieren, die sie aber verkaufen wollen, weil sie zu niedrig verzinst sind, und nun drängen diese Leute mit ihrem Geld auf den Aktienmarkt und wollen Aktien kaufen, d.h. stehen sozusagen Schlange nach Aktien.

N: Gut, das ist natürlich genauso eine falsche oder eine einseitige Betrachtung wie alles andere, was wir jetzt vorher abgehandelt haben auch. Natürlich ist viel Liquidität oder es fließt viel Liquidität in Aktien. Bloß es fließt im gleichen Maß Liquidität aus dem Aktienmarkt raus, denn selbst wenn die Kurse unglaublich steigen, und die Leute eben viel mehr jetzt als vorher aufwenden müssen um diese Aktien zu kaufen, und sie strömen in den Markt mit ihren Kauforders, dann gibt es keinen Weg an der Überlegung vorbei, oder die Konsequenz der Sache ist trotzdem, daß es im gleichen Maße Verkäufer geben muß, die dieses Geld dann anderweitig bekommen, und es anderweitig wieder anlegen müssen, es ist also letztlich ein Ringelspiel, was stattfindet. Nicht, die Käufer wollen Aktien kaufen, sind bereit, dafür Geld zu geben, und dieses Geld ist eben hinterher in der Hand der Verkäufer, die vorher die Aktien hatten, haben jetzt das Geld. Und die müssen dieses Geld hinterher in alternative Verwendungsformen anlegen...

U: Oder wieder in Aktien, und dadurch steigt doch insgesamt das Preisniveau der Aktien..

N: Ja natürlich, das Preisniveau der Aktien steigt, aber dadurch fließt keine Liquidität an den Markt, weil die Liquidität, die zufließt, immer gleich der Liquidiatät ist, die abfließt. Es sind - und deswegen ist auch diese ganze Argumentation mit Mengen an Liquidität, die da reinfließen auch ein falsches Topfdenken...

U: Ich verstehe es nicht ganz. Ich muß da mal nachfragen. Also wenn jetzt der DAX steigt, es werden ja also trotz dieser gigantischen Umsätze, die da passieren von ettlichen hundert Milliarden Mark am Tag oder in der Woche oder also jedenfalls es sind unvorstellbare Summen Geldes, aber trotzdem sagen wir der DAX steigt, so wie heute, nicht immer, das ist vielleicht auch historisch einmalig mit 3 oder 4 Prozent am Tag, das gibt es ja fast garnicht, aber die Aktien die gekauft und verkauft werden an einem Tag sind ja bloß ein geringer Prozentsatz der Aktien, die es überhaupt gibt, ...

N: Das ist richtig..

U: Und wenn jetzt dieser DAX, der deutsche Aktienindex - steigt um drei oder 4 Prozent, so wie heute, dann steigt ja der Wert aller Aktien, die in diesem Index enthalten sind, also dieser 30 Aktien, die in diesem Wert enthalten sind. D.h. die Vermögen dieser ganzen Aktieninhaber steigen auch, immens. Wo kommt denn dieses Geld eigentlich her?
Es muß doch irgendwo dann fehlen..

N: Wo das Geld herkommt ist schon eine ein Irrglaube. Es ist ein Irrglaube, der sich speist aus dieser falschen Ansicht, daß Geld an die Aktienmärkte fließt. Ich will das nochmal ganz kurz, um diese Frage konkret beantworten zu können, nochmal sagen: In der Öffentlichkeit existiert dieses versimplifizierte Bild, als ob ein Luftballon mit Wasser gefüllt wird. Und je mehr Wasser da zufließt, desto größer wird die Blase, und irgendwann platzt die Blase. Das ist eine falsche Überlegung. Es gibt - wir müssen anders denken, wir müssen uns einfach eine Wirtschaft denken, in der es eine bestimmte Menge Geld und eine bestimmte Menge Aktien gibt. Und manche Leute halten das Geld und manche Leute halten die Aktien. Und da fließt nichts zu und da fließt nichts ab. Das Einzige, was diese Leute tun, ist sie tauschen. Geld gegen Aktien, und wenn die Leute, die das Geld haben, begieriger sind die Aktien zu kriegen, als die Leute, die die Aktien haben, das Geld zu kriegen, dann steigen die Kurse, wenn das umgekehrt ist, fallen die Kurse, d.h. es passiert nur ein Ringtausch. Die Leute tauschen und es verändern die Austauschverhältnisse von Geld in Aktien. Und deswegen passiert streng genommen, es wird jetzt verwirrend, aber trotzdem muß man sagen, es passiert im Grunde genommen eigentlich genau das Gegenteil, nicht daß die Liquidität überschüssig ist, sondern die Liquidität wird knapp, denn, wenn der Aktien nun sehr hoch bewertet ist, nehmen wir an, wir haben 100 Geldeinheiten und 100 Aktieneinheiten, und wir fangen an mit eins, und plötzlich steht die Aktie bei 10, dann heißt es ja, daß das Geld relativ zu den Aktien knapp ist, denn wir haben jetzt praktisch eine 10fache Säule Aktien und nur eine einfache Säule Geld, und wenn jetzt alle Leute versuchen würden, das in Geld zu tauschen, dann ist ja nahezu Geld die knappe Größe dabei.

(Comic-Crash)

Ich will damit sagen, dieses ganze Topf- oder Flußdenken ist grundfalsch. Es geht um Preiserwartungen dabei. Die Leute haben die Erwartung, daß die Zinsen nicht steigen werden im Moment, daß sie für Festgeld auch in Zukunft wenig Zinsen bekommen werden, und sie sagen sich, das lohnt sich für mich nicht, wir haben zwar keine große Inflation, aber ich kriege für mein Festgeld zwei oder drei Prozent, und nach Steuern ist das gerade das, was die Inflationsrate bietet, ich kann also mein Vermögen nicht vermehren, und man beobachtet halt, wenn ich Aktien kaufe, dann kann ich mein Vermögen vermehren, deswegen wollen sie in die Aktie rein. Sie können aber nur dann in die Aktie reingehen, wenn sie jemanden finden, der bereit ist, sich von seinen Aktien zu trennen.

U: Dadurch steigen die Kurse, weil das zurzeit sehr viele wollen.

N: Dadurch steigen die Kurse..

U: Also ist es doch wiederum so eine Liquidität. Es ist doch so eine Art Nachfrage, nennen wir es dann Nachfragedruck. Also es gibt mehr Leute...

N: Das ist präziser...

U: ... die bereit sind, viel Geld für Aktien zu kaufen, für viel Geld Aktientitel zu kaufen, also Aktien teuer zu kaufen, ... als...

N: Weil sie glauben, daß sie weiter steigen.

U: Ja genau. Und solange dieser Nachfragedruck weiter besteht, also solange es immer noch viele Leute gibt, die festverzinsliche Papiere verkaufen und Aktien kaufen wollen, werden die Kurse auch weiter steigen, ...

N: Das ist richtig, aber es ist eben, das auf eine Menge an Liquidität zurückzuführen, ist falsch. Es sind die Preiserwartungen. Ich glaube halt, daß ich im Festgeldbereich in Zukunft oder glauben viele Leute, in Zukunft, daß nicht groß vermehren können, deswegen wollen sie in die Aktien rein. Aber dadurch baut sich ja Liquidität nicht ab. Diese Argumentation, daran sieht man auch, daß diese Argumentation unschlüssig ist, wir können ja einfach zwischen uns das Beispiel machen: Ich habe das Festgeld und sie haben die Aktien. Oder ich habe das auf dem Girokonto. Mit ner Guthabenverzinsung von sensationellen 3 Prozent. Und das ist mir nicht genug. Und ich sage, ich will jetzt die Aktien kaufen. Und sie sagen sich, die Aktien sind schon so gut gestiegen, ich trenne mich jetzt von meinen Aktien, so, das heißt, ich kaufe jetzt die Aktien von ihnen, die kommen in mein Depot, dafür löse ich mein Girokonto auf, das ist dann leer, und dann haben sie das Geld. Und jetzt werden sie das Geld natürlich auch ja gut, was sollen sie damit machen, sie zahlen das auf das Girokonto ein, und freuen sich an ihren drei Prozent, weil sie glauben, daß drei Prozent besser ist als 20 Prozent Kursverlust der Aktien, die sie erwarten. So, d.h. aber letztlich, die Liquidität hat sich um keinen Grad abgebaut. Die Liquidität ist noch genauso vorhanden wie vorher, d.h. wir könnten 10 mal die Aktien tauschen, wenn in einem Monat bin ich der Meinung, jetzt sind die Aktien genug gestiegen, ...

(Sprachwolke)

U: So gesehen war ja der der der finanzpolitische Schritt der Bundesregierung, die Verzinsung von Festgeldanlagen zu besteuern mit 30 Prozent, oder sie der Lohnsteuer zu unterwerfen, der beste Schritt für steigende Aktienkurse. Weil ja gleichzeitig noch nicht beschlossen wurde, daß man Aktiengewinne, Gewinnmitnahmen nach der 6-monatigen Spekulationsfrist nicht versteuern - muß man nicht versteuern, das kriegt man brutto gleich netto.

N: Das glaube ich, daß das durchaus miteinander was zu tun hat, wobei man immer sagen muß, das ist natürlich immer natürlich ist das ein Loch in der Steuersystematik, und ein systematisches Steuersystem würde eigentich erfordern, daß alle Kapitalgewinne genauso besteuert werden wie Zinserträge, das ist ein Steuerschlupfloch, was man nicht geschlossen hat bis jetzt, und im Übrigen in Amerika gibt ja diese capital gains tax, also in Amerika werden Kapitalgewinne gleich besteuert wie Zinserträge, nicht, das ist auch so ne Sache, bei uns beschwert man sich darüber, sonst führt man Amerika immer als positives Beispiel an, und da wird es merkwürdiger Weise als ganz negatives Beispiel angeführt, aber hat sicherlich hat das einen Effekt darauf, obwohl das mit Sicherheit nicht die Intention war, aber ... Man traut sich einfach nicht in der jetzigen Situation die Kapitalgewinne zu besteuern, das ist ja in der Diskussion, die auf ein Jahr zu verlängern, diese Steuer...

U: Diese Spekulationsfrist, ja...

N: Die Spekulationsfrist zu verlängern, und man traut sich einfach nicht, weil man denkt, man erweist dem Kapitalmarkt in Deutschland einen Bärendienst.

(Musik)

U: Wobei - was ich auch nicht verstanden habe - dann gesagt, also wenn man jetzt diese Gewinne versteuern würde, dann würden den Unternehmen keine Gelder zufließen. Das stimmt doch eigentlich gar nicht, denn die Gelder, die den Unternehmen zufließen, sind doch nur die Nennwerte, oder die Emmissions- die Neuemmissionspreise. D.h. also wenn Pro Sieben jetzt ich weiß nicht, sie haben glaube ich 50 Mark ungefähr ...

N: 90 Mark
U: 90 Mark...

N: Ne, 50 Mark... 70 glaube..ich...

U: Für 70 Mark emittiert, und diese 70 Mark sind tatsächlich in die Kassen von Pro Sieben geflossen.

N: Ja, die sind zum Teil in die Kassen des Alteigentümers geflossen, aber beim normalen Aktienhandel, wenn ne Gesellschaft notiert, und die hat ihre Aktien rausgegeben, dann ist es letztlich egal, wie die Aktie notiert, das Unternehmen hat das Geld und kann damit arbeiten, und da fließt dann auch nichts mehr zu oder ab, wichtig ist der Aktienkurs in der Hinsicht, daß die Unternehmen dann für neue Investitionen Kapitalerhöhungen machen, und wenn ich Kapitalerhöhungen machen möchte, ist es natürlich für mich wichtig, daß ich einen hohen Aktienkurs habe, weil ich dann erstens sicher stellen kann, daß die Leute wirklich interessiert sind auch meine Aktien zu zeichnen, daß ich nicht liegen und nicht sitzen bleibe auf dieser und sagen ich will das nicht zu diesem Preis, und je höher die Aktie notiert ist, desto höher ist natürlich das Aufgeld, was ich bekomme. Wenn ich die 5-Mark-Aktie für 90 Mark verkaufen kann, dann ist das für mich besser als wenn ich se nur für 70 Mark verkaufen, deswegen sind die Unternehmen natürlich an Aktienkursen ...

U: Das ist wieder so eine Verständnisfrage, was heißt 5-Markaktie.

N: Das gesamte Stammkapital einer Aktiengesellschaft wird in einzelne Aktien aufgeteilt, die einen bestimmten Nennwert haben. D.h. früher waren das 50-Markaktien, jetzt sind es 5 Markaktien, jede Aktie ist der Anteil an 5 Mark Stammkapital, der Wert der Aktie setzt sich allerdings zusammen aus dem Stammkapital und den gebildeten Rücklagen. So daß bei einer Gesellschaft, die in der Vergangenheit schon was Gutes verdient hat, und nicht alles ausgeschüttet, haben sie immense Rücklagen gebildet, man sieht also meistens eine Daimleraktie, die kostet eben, die 5-Markaktie, 140 Mark, d.h. zu den 5 Mark Stammkapital kommen 135 Mark Reserven. Nach Bewertung der Börse, weil Bewertung ist ja dann auch eine sehr subjektive Sache. Da gibt es stille Reserven, das sind halt die Börsenbewertungen ...

U: Reserve ist dann alles, was an Vermögen da ist, also auch die Maschinen, ...

N: Was auf der Kapitalseite sich ergibt, das Vermögen abzüglich der Schulden.

U: Und der Gesamtwert dieser Aktie besagt, heißt es das, also angenommen, ich habe genügend Geld, also ich habe in mehreren Lotterien gleichzeitig gewonnen, hab irrsinnig viel Geld, und würde Daimler Benz kaufen wollen, dann ist der Aktienpreis der derzeitige Wert von Daimler Benz.

N: Ja, also der Preis einer Aktie multipliziert mit der Anzahl der ausgegebenen Aktien.

U: Nur daß, wenn ich jetzt hingehen würde, in den Markt, und sagen würde, hallo, hallo, ich möchte alle DaimlerBenzAktien kaufen, dann würde der Preis sofort hochschnellen.

N: Das ist richtig, d.h man müßte ein Angebot an die Aktionäre machen und dann müßte man natürlich einen Preis wählen, der deutlich über dem jetzigen Preis ist. Das ist ja der Mechanismus, weshalb Aktien, die übernommen werden sollen, oder die Aktien von Gesellschaften, die übernommen werden sollen, so hoch steigen, weil die Leute da halt dann darauf spekulieren, daß sie abgefunden werden, weil im Grunde genommen, halt als Quintessenz dieser ganzen Diskussion ist die Börse halt ein ganz genialer Kniff, daß nämlich das Kapital, mit dem die Aktienunternehmen die Aktiengesellschaften arbeiten können für die Aktiengesellschaften selber fix ist, d.h. eine Aktie wird einmal rausgegeben und sie wird nie mehr zurückbezahlt im Normalfall. Sie wird niemals zurückbezahlt, es wird nur Dividende darauf bezahlt, Dividende ist der Ertrag, der erwirtschaftet wird und ausgeschüttet wird, d.h. das Unternehmen kann mit diesem Kapital arbeiten, für das Unternehmen ist das Kapital fix, solange, wie das Unternehmen existiert, aber der einzelne Anleger kann es jeden Tag verkaufen. D.h. für den einzelnen ist das Kapital liquide, aber für die Gesellschaft ist es fix.

U: Aber die Gesellschaft also zumindest in Amerika können die Gesellschaften ihre eigenen Aktien zurückkaufen. In Deutschland kann das Unternehmen nicht die eigenen Aktien kaufen, aber es können zwei Unternehmen wechselseitig voneinander die Aktien kaufen, so daß, wenn zwei Unternehmen sich können, also dann kommt auf dasselbe hinaus. So quasi Fusionen, oder...

N: Das ist richtig. Aber dieser Rückkauf den wird es in Deutschland auch geben, und der hat natürlich einen immensen Effekt noch, der bei diesem wechselseitigen Kauf nicht in Kraft tritt, d.h. nämlich, wenn ein Unternehmen eigene Aktien zurückkauft, dann erwirtschaftet es den gleichen Ertrag wie vorher, aber dieser Ertrag rechnet sich auf weniger Aktien, d.h. also, ganz grob gesprochen, wenn ein Unternehmen die Hälfte seiner Aktien zurückkaufen würde, und trotzdem den gleichen Gewinn macht, dann würde sich der Gewinn pro Aktie verdoppeln. Klar nicht. Und dadurch können Unternehmen natürlich auch immens Einfluß auf die eigene Gewinntätigkeit machen, wenn sie also ihre eigenen Aktien zurückkaufen und dann den Gewinn mit einer geringeren Kapitalbasis machen. Der Normalfall ist es eigentlich, daß die Unternehmen eher mehr Investitionen tätigen müssen, und noch neue Aktien herausgeben müssen, in Amerika ist es vielfach umgekehrt, die sagen sich dann, ehe sie eine neue Investition machen, sagen sie, die beste Investition ist eigentlich unser eigenes Business, sind unsere eigenen Aktien, deswegen kaufen wir sie zurück.

(Sprachwolke/Minicrach)

U: Aber warum sind jetzt die Theorien gecrasht? Oder welche Theorien eigentlich?

N: Alle Theorien sind immer gecrasht.

(Sprachwolke/Crashcomics)

N: Also es gibt ganz grob kann man sagen, es gibt eigentlich zwei Theorierichtungen, das ist die Charttheorie und das ist die Fundamentaltheorie oder Fundamentalanalyse. Charttheorie heißt, ganz grob gesprochen, man malt sich die Kurve auf der vergangenen Kurse, und versucht aus dieser Fieberkurve für die Zukunft die künftige Entwicklung abzuleiten. Und da habe ich in meinem Buch ein aus meiner Sicht sehr schönes Beispiel gemacht, da habe ich einen Kurs erwürfelt, habe also mit einem Stückbetrag gestartet und habe nun da die Felder eins bis 6 beklebt mit minus 1 und minus 2 minus 3 plus 1 plus 2 plus 3 und haben dann so Kursveränderungen erwürfelt, und es sieht hinterher genauso aus wie ein ganz normaler Aktienchart, also eine Fieberkurve, und man kann das Lineal ranlegen, und das Ergebnis ist die gleiche Formation, wie sie sich bei sonstigen Kursen ergeben, und die Chartisten also die Anhänger der Charttheorie behaupten halt, daß man halt durch Anlegen von einem Lineal und bestimmten Formationen die zukünftigen Kurse berechnen kann. Und da sage ich das, was ich vorhin auch schon gesagt habe, oder das gleiche, was auf jede Theorie anwendbar ist, wenn es wirklich so wäre, dann würde es nicht mehr funktionieren, weil sich niemand mehr entgegen verhalten würde. Nicht, wenn ich merke, daß ein Unternehmen in einem Aufwärtstrend ist, d.h. ich lege an die Kurve ein Lineal, und das ist ganz klar aufwärtsgerichtet, und es gibt es ein Linie, unter die dieser Kurs nicht fällt, ja, wenn dieser Aufwärtstrend in Takt ist, und das ist wirklich so, dann wird sich niemand entgegen verhalten, d.h. solange die im Aufwärtstrend ist, wer sollte da noch verkaufen, das kann eigentlich nur sein, weil Leute daran nicht glauben. Und wenn das so ist, dann heißt das letztlich, daß es doch wieder unterschiedliche Meinungen gibt, und das ist nur die Frage, welche Meinung den Markt macht. Und das kann heute ganz anders sein als Morgen. Deswegen kann ich aus einer Entwicklung eines Trendes oder dem Einzeinchen eines Trendes letztlich überhaupt nichts schließen, da kann ich sagen, der Trend war bisher in Ordnung, aber er sagt mir nichts darüber, ob er morgen noch in Ordnung ist, er kann morgen in Ordnung sein, er kanns auch nicht, das ist die gleiche Entscheidung wie beim Roulette. Wenn drei Mal Rot gekommen ist, ist die Wahrscheinlichkeit, genauso groß, daß nochmal Rot kommt, wie daß schwarz kommt. Aus dem Grunde crasht die Charttheorie.

(Minicrash/Flöte)

N: Und bei der Fundamentalanalyse ist es aus meiner Sicht nicht anders. Der Fundamentalanalytiker sagt, der Markt kann in seiner Bewertung fundamental irren, weil die Leute manche Sachen nicht einkalkulieren, und man versucht das Unternehmen halt noch besser zu durchleuchten, und zu sagen, so und so viel ist das Unternehmen eigentlich wert, und weil man eben feststellt, daß dieser innere Wert, den man selber diagnostiziert, höher ist als der Marktpreis, dann würde man sagen, man kauft das, weil man der Meinung ist, daß letztlich sich die inneren Werte oder der Börsenpreis diesen inneren Wert angleicht. Das ist natürlich auch eine völlig zirkuläre Geschichte, denn man muß dann wirklich auch unterstellen, daß man klüger sein kann als der Markt, nicht, der Markt wertet eine Aktie eine DaimlerBenzAktie zu der Zeit mit 140 Mark und wer würde sich schon aufschwingen können zu sagen, sie ist eigentlich mehr wert. Das ist also durchaus auch eine problematische Sache. Da gibts dann genauso Analysen, die einen sagen eben, sie ist mehr wert, und die anderen sagen, sie anderen sagen, sie ist eigentlich weniger wert, und so da ist das Marktergebnis doch eigentlich das optimale Ergebnis...

U: Ja, wie wird denn so ein Wert überhaupt bestimmt. Also da gehen Analysten hin, und sagen ihr habt soundso viel Kapital eingesetzt, ihr habt so und so viel Autos verkauft, oder was auch immer, und habt so und so viel Gewinn dabei gemacht, also bei so und so viel Umsatz so und so viel Gewinn, und so und so viel habt ihr zurückbehalten, um Neues zu entwickeln, und so und so viel an neuen Produkten habt ihr inpetto, das kommt demnächst an den Markt, und da denken wir, das hat so und so viel Verkaufsausichten und so weiter und so weiter, das wird dann alles zusammengerechnet, und dann kommt bei so einer Rechnung irgendwie heraus, daß Daimler Benz eigentlich 160 Mark wert ist, und nicht 140.

N: Ja, der eine kommt dann auf 160 und der andere kommt nur auf 100 Mark. Es kommt genau drauf an, wie sie schon richtig gesagt haben, eben auf die Erwartung. Nicht, wie werden Produkte in Zukunft verkauft werden? Da gibt es eben eine Erwartung des Marktes, die sich in den Marktpreis widerspiegelt und jeder andere kann natürlich anderer Meinung sein dabei. Aber da gibt es eben, das streut natürlich auch. Viele sind dann der Meinung, das ist zu pessimistisch, wie der Markt das einschätzt, und manche sind der Meinung, das ist zu optimistisch, das wäre jetzt auf die Erwartungen der Verkäufe, oder der Ertragserwartungen. Man kann natürlich auch den Substanzwert eines Unternehmens ermitteln, man kann sagen, die haben ja noch viele Grundstücke, die alle viel geringer bewertet sind oder viel mehr wert sind als in der Bilanz stehen, sie haben Beteiligungen an Unternehmen, die letztlich viel mehr wert sind, da kann man natürlich...

U: Ach so, das ist das gleiche Spiel wie mit den Goldreserven von Herrn Waigel, ne.

N: Das ist ein ähnliches Spiel, nur Goldreserven lassen sich ja sehr einfach zählen, und das läßt sich ja sehr einfach der Marktpreis dafür festlegen, während das bei ner Bewertung eines Unternehmens natürlich viel viel schwieriger ist, da sind dann Gott wie soll ich das Know How der Leute in einem Unternehmen - das menschliche Know How, wie soll ich das bewerten, was ist dafür eine zukünftige Kreativität in den Leuten drin, das ist also letztlich immer eine subjektive Bewertung und ich kann es eben objektiv nicht bewerten. Es gibt nur eine objektive Bewertung, das ist das Marktergebnis, das ist also die Bewertung durch die Börse, und da muß man eben schon ganz schön zuversichtlich sein, in seinen eigenen Fähigkeiten, wenn man sich einbildet, ein Unternehmen besser beurteilen zu können als na hunderttausend Leute, die halt diese Aktien kaufen oder verkaufen.

(Musik)

U: Aber die Leute, das haben wir doch jetzt gerade eingekreist, die kaufen das doch nur, weil sie irgendetwas erwarten. Und da sind doch bestimmt so und so viel Mitläufer dabei, und vielleicht ein paar wenige, die wirklich Ahnung haben, und die, die wirklich Ahnung haben, können sich auch nur auf diese zwei Haupttheorien stützen letztendlich, also die schauen sich den Chart an, und die schauen sich Ableger des Charts an, also Candlestick oder solche anderen chinesischen oder japanischen Methoden, und die schauen sich solche Fundamentalanalysedaten an, wie Gewinn je Aktie oder was es da sonst noch alles gibt, eine andere Informationsquelle gibt es nicht, und es gibt - was gibt es noch als Informationsquelle, die Gerüchteküche. An der Börse selber.

N: Aber es führt nichts an der Tatsache vorbei, daß, selbst wenn das Chartsignal positiv ist, und die Fundamentalanalyse ergibt, daß dieses Unternehmen vielleicht unterbewertet ist, und zukünftig eigentlich besser bewertet sein müßte, daß man immer einen Kontrahenten finden muß, man muß also immer jemanden finden, der entweder zu dumm ist, diese Sache zu begreifen, das ist sehr unwahrscheinlich, daß man jemanden findet, der da zu dumm ist, oder der einfach anderer Meinung ist. Der ist einfach anderer Meinung. Er glaubt nicht an die Chartanalyse, und er sagt sich fundamental bin ich anders gestimmt dabei. Und das heißt, wenn die Fundamentalanalyse funktionieren würde, dann müßte sie ja, dann ist das eine richtige Theorie, dann müßte sie ja für alle gelten, dann müßten alle Leute übereinstimmend der Meinung sein, daß Daimler Benz nicht 140 sondern 160 wert ist. Bloß wenn das so wäre, dann wäre ja Daimler ..

U: Dann würde jeder warten, bis es 160 ist, und dann verkaufen..

N: Dann wäre sie sofort 160, da würde niemand mehr zu 140 verkaufen, d.h. die Zeit zwischen heute und die Prognosezeit würde in sich zusammenstürzen, wir hätten sofort 160, bloß damit wäre die Zukunft wieder offen.

(Musik)

U: Jetzt gibt es aber doch die Aussagen, daß der Gesamtmarkt der Aktien seit 1945, so ist es mir bekannt, ich glaube, das läßt sich auch noch ein paar Jahrhunderte verlängern, daß diese Aktienkurse sich kontinuierlich im Schnitt - es gab gute Jahre schlechte Jahre - aber im Schnitt hat sich der Wert dieser Aktien mit 8 oder 9 Prozent irgendetwas in dieser Größenordnung entwickelt, und das ist eine Wertsteigerung, die jegliche andere Verzinsung weit schlägt. Wie kommt das eigentlich zustande.

N: Manchmal sind die einfachsten Beispiele die besten. Es gibt dieses schöne Beispiel von Andre Kostolany, der sagt, es ist wie mit dem Mann und dem Hund. Der Mann geht halt auf dem Bürgersteig spazieren, er geht langsam vorwärts, und der Hund, der geht vor und kommt zurück, und bleibt vielleicht zurück mal, er läuft dann wieder vor, und letztlich kommen sie beide gleich ins Ziel. Oder annähernd gleich ins Ziel. Und der Hund ist die Börse und der Mann ist die Wirtschaft.

(Musik)

U: Also die Wirtschaft geht mit 9-prozentiger Steigerung durch die Weltgeschichte.

N: Das ist vielleicht ein bisschen viel.

U: Oder 7 Prozent oder 8.

N: Die Steigerung des Sozialproduktes ist eigentlich geschichtlich ein bisschen weniger gewesen, ...

U: Ja ist die Wirtschaftskraft, das wäre für mich eine plausible Erklärung, die Wirtschaftskraft der Aktiengesellschaften oder zumindest der Topaktiengesellschaften, also eben dieser indizierten im DAX indizierten 30 größten Aktiengesellschaften ist die Wirtschaftskraft dieser 30 Unternehmen überproportional gestiegen im Verhältnis zur gesamtgesellschaftlichen Wirtschaftskraft.

N: Das überfragt mich jetzt.

(Sprachwolke)

U: Ich habe in letzter Zeit mit einigen Mittelständlern geredet, also so auch über Aktien, und haste denn gekauft, und so weiter, und daß es mich so wundert, daß der Aktien daß die Aktienkurse boomen, während unsere Wirtschaft im Augenblick eigentlich so ja nicht stagniert, aber jedenfalls sich nicht sonderlich entwickelt. Das wird immer davon geredet, daß es jetzt bald kommen wird, sind ja auch bald Wahlen, da darf man ja auch nicht sagen, wie man sich eine Änderung erwartet, das muß ja positiv sein. Aber die Aktienkurse der DAX-Werte sind enorm gestiegen. Und die Gewinne dieser großen Unternehmen sind enorm gestiegen. Haben Aktiengesellschaften gegenüber Nichtaktiengesellschaften wirtschaftlich einen so immensen Vorteil?

N: Also im Moment auf jeden Fall, ganz deutlich, also in diesem Zyklus der letzten drei Jahre, ist es ganz deutlich zu sehen, daß die Unternehmen, die großen Unternehmen, die weltweit orientiert sind, die auch ihre Produktion ins Ausland verlagern können aus Kostengründen, die weltweite Absatzmärkte erschließen können, viel viel besser in ihrer Gewinnsituation sind als der Mittelstand, dem es breit sehr sehr schlecht geht. Und auch diese mittleren Aktiengesellschaften sind auch weit zurückgeblieben, im Moment ist diese Diagnose ganz eindeutig, ich weiß nicht wie, wenn man jetzt 100 Jahre zurückblickt, da vermag da das Urteil nicht zu geben und auch über die Prozentzahlen, also die Wirtschaft ist in ihrem durchschnittlichen Zuwachs geringer gewachsen, aber das sind natürlich, also ich würde mal sagen, also die Aktiengesellschaften schon immer überdurchschnittlich gewachsen sind, und das zeigt sich also je nach Datenbasis - gibt jetzt neue Berechnungen, die diese Wirtschaftswunderjahre, die sind glaube ich seit 49 bis in den 50er Jahren, die sind vorher in den meisten Sachen gar nicht drin gewesen, wenn man die noch integriert, dann kann man in den Entwicklungen sogar 13 Prozent Wertsteigerung für Aktien pro Jahr machen, aber das wird schon in etwa mit den Gewinnsteigerungen der Unternehmen konform gehen, auch in der Prozentzahl. Das wichtige eben bei der Aktienanlage ist, daß man eben wirklich Zeit braucht, man darf eben nur das Geld in Aktien anlegen, was man auch für Jahre entbehren kann. Das heißt nicht, daß das dann weg ist, aber wo man den Zeitpunkt der Auflösung der Aktien selber bestimmen kann, und sich nicht nach irgendwelchen äußeren Begebenheiten richten muß. Das heißt, in der Vergangenheit - also wer heute Aktien hat, dürfte eigentlich zurzeit niemand geben, der mit Aktien, der jetzt noch Aktien hat, und irgendwie im Verlust ist, der muß sich schon sehr sehr dumm angestellt haben, oder er muß großes Pech gehabt haben, denn die Aktien haben eben zwar Rückschläge in der Geschichte gehabt, aber sie haben immer wieder neue Hochpunkte erreicht. Und das ist nicht vorstellbar, daß sich diese Gesetzmäßigkeit ändern wird, wenn die Wirtschaft nicht in eine fürchterliche Krise gerät. Bloß wenn die Wirtschaft in eine fürchterliche Krise ein Krieg oder sonst was oder noch Schlimmeres gerät, dann ist sowieso alles zu Ende.

(Pause)

U: Ja aber es gibt ja die Theorie, daß die Aktien unter anderem deshalb gestiegen sind, weil es so viel Arbeitslose gibt, und , ich würde das jetzt erstmal nicht Theorie nennen, die Ansicht, die Meinung, das ist erstmal eine Meinung, daß es da einen Zusammenhang gibt, zwischen Arbeitslosigkeit auf der einen Seite und zwischen einem Staat einem staatlichen sozialen Sicherungssystem, das sich zurückzieht. D.h. die Leute werden mehr in die Eigenverantwortung entlassen, wie sie ihr Rentenalter finanzieren sollen. Der Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und steigenden Aktienkursen wird so erklärt, daß aufgrund vieler Arbeitsloser der Druck auf die Lohnsteigerung nachläßt, also wenn es viele Arbeitslose gibt, dann steigen die Lohnkosten nicht, oder sie sinken sogar, dadurch steigen wiederum die Gewinnerwartungen der Unternehmen, weil sie weniger Lohnkosten bezahlen müssen, und dadurch steigen die Aktienkurse. Der Zusammenhang zwischen diesem Zurückzug des Engagements des Staates aus den sozialen Sicherungssystemen wird so erklärt, was ich mitbekommen habe, daß halt keine Sozialleistungen mehr an den Staat abgeführt werden, die Leute also im Prinzip Geld bekommen, jetzt schon, wenn sie eine Arbeit haben, und einen Teil dieses Geldes in irgendeiner Form anlegen, um dann als Rentner davon zu profitieren. Und das tun sie eben entweder in festverzinslichen Papieren oder in Aktien, und weil die festverzinslichen zurzeit nicht viel bringen, tun sies in Aktien. Dadurch ist ein Boom entstanden, ein Nachfrageboom nach Aktien, deswegen steigen sie.

N: Die letzte Ansicht teile ich, bei der ersten bin ich ein bischen skeptisch, also ich denke schon, daß .. die Rationalisierungs-bemühungen der Unternehmen haben sicherlich dazu beigetragen die Arbeitslosigkeit zu erhöhen, die Rationalisierungen haben dazu geführt, daß die Unternehmen profitabler werden, und dadurch steigen die Aktienkurse und das hat auch einen Teil der Arbeitslosen beschert, das ist richtig, damit sind die eine Wirkung, daß sie eine Ursache sind für die Steigerung der Aktienkurse, da habe ein bischen, also dieses Lohndrückargument, ich meine wir haben ja keine rückläufigen Lohnzuwächse, Zuwächse schon, aber wir haben keine rückläufigen Löhne, also Lohnkürzungen effektive hats ...

U: Na, jedenfalls eine Lohnsteigerung, die sich nur unwesentlich über der Inflationsrate bewegt..

N: Das halte ich für wirklich, das sind die berühmten Peanuts auch in den Unternehmensbilanzen, ich glaube schon, daß die sich viele Unternehmen von vielen Leuten getrennt haben, das hat das gebracht, aber damit - es hat sicherlich was miteinander zu tun. Aber das kann man aus meiner Sicht nicht als Begründung anführen. Ich meine, da muß man über den großen Teich gucken, in Amerika ist die Arbeitslosigkeit so gering, wie seit 20 oder 30 Jahren nicht mehr, und trotzdem sind die Aktienkurse genauso hoch. Der Unterschied ist nur, daß die Unternehmen in Amerika sicherlich noch härter rationalisiert haben als bei uns, bloß in Amerika ist es geschafft worden in neuen Industrien die Leute wieder anzusiedeln. Die Amerikaner müssen dann aufpassen, wenn ihre Arbeitslosenquote negativ ist, wenn sie eine Überbeschäftigung haben, ich meine, wenn jeder zwei Jobs hat, dann ist ja prinzipiell der Arbeitslosenquote minus 100 Prozent.

(Sprachwolke)

N: Und dann kommt noch das zweite Argument, das sie angesprochen haben, mit der Altersvorsorge, das ist natürlich das Wichtigste, glaube ich, überhaupt für die derzeitige Börsenentwicklung. Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik registrieren die Leute, daß der Staat diese Aufgabe vollständig für ihr Alter vorzusorgen nicht übernehmen kann, daß ers nicht schaffen wird. Und sie sind halt gezwungen für ihr eigenes Alter vorzusorgen, so und da kann man machen, was man will, dadurch werden die Aktienkurse steigen. Denn entweder ich investiere selber in Aktien. Dann steigen die Kurse. Ich kaufe mir einen Aktienfond, d.h. beteilige mich an einem Aktientopf, dann wird das Geld, was ich dem gebe auch am Aktienmarkt angelegt, oder ich schließe eine Lebensversicherung ab, dann wird die Versicherungsgesellschaft auch Aktien kaufen...

U: Einen Teil zumindest, ja..

N: Zu einem bestimmten Prozentsatz. Der einzige Fall der Altersversorgung, die ich selber mache, wo keine Aktienkurssteigerung mit verbunden ist, das ist, wenn ich das mit einem Sparbuch mache, aber so dumm sind glaube ich die jungen Leute heutzutage nicht mehr, daß sie die Zukunft für ihr Alter wie ihre Großväter im Sparbuch sehen. Das glaube ich sicherlich kaum. Das ist egal, wie wir vorsorgen, die Aktien werden steigen.

(Flötenmusik)

U: Kommen wir nochmal zurück, auf die Theorien, die crashen. Da hast du dieses Beispiel gebracht von dem Mann und dem Hund von Kostolany. Also der Hund läßt sich mit einer Theorie nicht beschreiben. Das sagt der Crash der Theorien, aber daß der Mann geht, das läßt sich mit einer Theorie beschreiben. Also dieser durchschnittliche 7 8 9 10 je nachdem Prozent im Jahr durchnittlich seit 50 Jahren oder 100 Jahren oder sogar 300 Jahren, seitdem es Börsen gibt..

N: Das läßt sich behaupten, ja, das ist also auch ne...

U: Worauf stützt sich diese...

N: Das ist vielleicht ein alter... Schön, daß du das fragst. Das - es ist eine alternative Wirtschaftssicht auch von mir. Ich behaupte, daß ne Wirtschaft über einen kurzen oder mittleren Zeitraum mal ohne Wachstum existieren kann. Es kann auch mal kurzzeitige Rückschritte geben, aber über längere Sicht, schon über mittlere Perioden ist eine Wirtschaft, die nicht wächst, undenkbar. Also das, was wir in den 70er Jahren diskutiert haben, Nullwachstum ist aus meiner Sicht nicht vertretbar, oder überhaupt nicht vereinbar mit den Wirtschaftsprinzipien. Ganz einfaches Beispiel: Jedes Unternehmen, was Fremdkapital oder was Kapital an den Börsen sich besorgen will, muß eine steigende Ertragsentwicklung ausweisen. Ich kann mir nur dann Kapital für weitere Investitionen besorgen, wenn ich Ertragswachstum habe. Sonst wird mir keiner was geben. Wenn ich nur immer schlechter werde, dann wird mir keiner was geben. D.h. ich bin eigentlich gezwungen dazu, immer besser zu wirtschaften. Und immer mehr zu machen, um auch ein normales Wachstum finanzieren zu können. Wenn ich mich über einen Bankkredit finanziere, dann bin ich gezwungen, das Geld, was ich bekomme, einzusetzen, und nicht nur das zu erwirtschaften, sondern ich muß ja zusätzlich die Zinsen zahlen. D.h. ich muß immer mehr rauskriegen, als ich reinstecke. Letztlich ist es nichts anderes, also unsere Wirtschaft ist ein Schneeballsystem. Wie sagt der Kostolany. Ein Schwindel, aber ein gut gemachter. Wir sind gezwungen, weiter zu wachsen, alleine aus der Tatsache heraus, daß die meisten Unternehmer die was unternehmen, nicht über das Kapital verfügen. Die Kapitalanleger sind andere, als die, die was unternehmen. Wenn ich was unternehmen will, brauche ich Kapital, und ich muß aber immer mehr zurückbezahlen als ich aufgenommen habe, einfach um den Zins oder um die Dividende auszuschütten. D.h. ich muß immer mehr produzieren, als ich mir vorher geliehen habe, und aus dem Grund muß die Wirtschaft weiterwachsen.

U: Hast du da keine Angst vor den Grenzen des Wachstums - das ist so ein Schlagwort: Grenzen des Wachstums... Wohin denn noch? Also ich mein, wir haben doch schon alles. Gut es gibt die Theorie, oder Glaube, daß die Nachfrage nach Fernsehergeräten, seitdem es Fernseher gibt, nie gesunken ist. D.h. es werden immer mehr Fernsehgeräte produziert, allein schon der Nachkauf der kaputt gegangenen Fersehgeräte wächst ständig, es wächst immer alles ständig, es werden immer mehr Fernseher nötig, es werden immer Autos... aber bei den Autos, ich meine gut, Autos ist das bessere Beispiel, im Prinzip: Wieviel Straßen müssen gebaut werden, um die vielen vielen Millionen Autos, die in Deutschland jedes Jahr mehr produziert werden, ich spreche nicht von einem Niveau, das man mal erreicht, ...

N: Und nicht nur Deutschland, sondern die ganze Welt..

(Marschmusik)

U: Tja. Also dann irgendwann, also rein theoretisch, das ist nun wirklich theoretisch, ist die ganze Welt voll mit Autos, da ist kein Platz mehr. Dann muß man eine zweite Etage bauen.

N: Also ich persönlich habe davor keine Angst, das sprengt aber natürlich ein bischen unseren Rahmen, ich bin in dem Fall Analytiker, und sage, so funktioniert das aus meiner Sicht, und so werden wir uns weiterentwickeln, letztlich ist das natürlich auch eine moralische Verantwortung, ... oder nur innerhalb einer moralischen Kategorie beantwortbar. Ich persönlich hab davor keine Angst, weil ich äh erstens fällt mir keine Alternative dazu ein, und zweitens sehe ich, daß die Leute einfach wild darauf sind, Autos zu haben, zu verreisen, mehr Güter zu haben, und ich denke da sicherlich das Gesellschaftssystem das Beste ist, was der Mehrheit oder der breiten Masse erlaubt ihre Bedürfnisse zu befriedigen, also ich würde mich da nicht als Oberguru aufspielen, genauso wie ich sage, ich kann nicht klüger als der Markt sein. Und ich bilde mir nicht ein, ein Unternehmen besser beurteilen zu können als der Markt. Ich mache mir meine eigenen Gedanken, ich weiß aber, daß es meine eigenen Gedanken sind, und kaufe daraufhin und sage eben, Glück gehabt Pech gehabt, clever gewesen dumm gewesen. Aber ich würde mir nie einbilden und nie jemand anders sagen, also ich bin klüger. Genauso würde ich das in dem Fall auch handhaben. Ich registriere, die Leute wollen das, und ich denke, daß uns das sicherlich weiterführt, wenn die Leute das bekommen. Und ich denke, daß wir das auch, diese Grenzen des Wachstums, das ist viel zu statisch gedacht, ich denke schon, daß unsere natürliche Umwelt irgendwann nicht mehr existiert, ich meine, was ist denn bei uns noch natürliche Umwelt, früher war Deutschland, war Europa, war Italien alles bewaldet, heute ist alles Kulturlandschaft, Gott und irgendwann werden wir vielleicht unter Glaskuppeln leben, na Gott ne, wir sind ja heute auch den meisten Tag im Zimmer, und nicht mehr draußen, und irgendwo gehts uns dabei ganz gut, und wenn wir dann die Luft nicht mehr atmen können, und alle unter Glaskuppeln...

U: Dann wird das Unternehmen, das Filteranlagen produziert, sehr viel Gewinne machen...

N: Na, ist doch Wahnsinn, da sind alle Leute in Beschäfitgung, alle können sich irrsinnig viel erlauben, und es gibt ein paar Romantiker, die dem nachweinen, aber ich fände das nicht irgendwie, es gäbe sicherlich tragischere Sache, ich fände es tragischer, wenn wir uns gegenseitig umbringen würden, oder wenn wir darben müßten, aber so, also ich persönlich muß sagen, mir ist das - viele von diesen Konsumgütern interessieren mich nicht, aber ich kann auch selber die Entscheidung treffen, und das ist einfach etwas sehr schönes.

(Musik)

N: Aber es ist natürlich ein gewisses Risiko dabei, beim Aktienmarkt, weil die Kurse eben kurzfristig schwanken, und die Leute, die nicht die Nerven haben, und vielleicht auch nicht das Geld haben, die trauen sich nicht ihr Geld am Aktienmarkt zu investieren, und dadurch werden natürlich die Einkommensunterschiede die Vermögensunterschiede immer größer, große Schwingungen in den Aktienmarktbewertungen führen natürlich zu ner Konzentration des Vermögens, weil derjenige, der viel hat, kann sich natürlich erlauben, ein großen Teil seines Vermögens in Aktien zu investieren, weil er sagt, na gut wenns runter geht, ich kann ja von dem anderen Vermögen noch leben, ich brauche es nicht, während derjenige, der nur ein paar Mark oder ein paar hundert, oder ein paar tausend Mark Ersparnisse hat, der kann sich das eigentlich nicht erlauben, weil er sagt, was mache ich denn, wenn ich in drei Jahren eine Notsituation habe, dann sind die Aktien ziemlich runter, d.h. die Leute partizipieren weniger. Es würde mich sehr freuen, wenn der Aktienmarkt sich stetig nach oben entwickeln würde, und jeder davon profitieren würde, weil es würde das beste Alterssicherungssystem für uns alle geben, bloß wenn ich mir die Entwicklung nicht nur der Börsen sondern überhaupt der Welt angucke, da fehlt mir halt absolut der Glaube dafür, ja.

U: Du meinst, es geht mal rauf und mal runter...

N: Es wird auf lange Sicht immer rauf gehen, es werden immer neue Höhen erreicht werden, aber es wird zwischendrin völlig erratisch schwingen. Ja, das glaube ich schon, und man braucht entweder eiserne Nerven, oder man muß einfach nicht hingucken. Auch da ist das, was der Kostolany gesagt hat, das genialste, was man in diesem Zusammenhang sagen kann, man soll Aktien kaufen, Schlaftabletten einnehmen, schlafen und sich nicht drum kümmern. Das ist das, bloß das trauen sich die wenigsten. Die meisten gucken und sie werden nervös, und dadurch verstärken sie natürlich die Schwankungen. Es wäre wünschenswert, wenn das hoch geht, aber es geht nicht, weil es eben auch keine Theorie ist. Es spielen immer zwei Seiten gegeneinander, und deswegen ist das Ergebnis des Marktes in den nächsten Tag in den nächsten Wochen nicht voraussehbar. Langfristig werden sich die Unternehmen positiv entwickeln, weil die Wirtschaft weiterwachsen wird, und daher werden die Aktienkurse steigen, aber was da kurzfristig passiert, das ist völlig zufallsbedingt.

(Musik)

Cast & Crew

Regie
Uli Aumüller
Protagonist
Bernd Niquet
Musik
Martin Daske
Redakteur/in
Wolfgang Korb