BAM 2018

Das Festival der freien Musiktheaterszene Berlins 2018

Musiktheater ist für die meisten Kulturen der älteste und immer noch gängigste Weg des Theaters. Allein aus Europa war es einmal verschwunden und musste dann erst neu erfunden werden. Um die Vorstellungskraft damaligen Publikums nicht zu sehr zu strapazieren, war es die Geschichte eines Sängers, die vor vierhundert Jahren dann am Anfang der Oper stand. Orpheus hat das Musiktheater seitdem weiter begleitet. Vor allem da taucht er auf, wo Musiktheater sich im Umbruch befindet, neu dazu ansetzt, über sich selbst nachzudenken. Mit zwei Aufführungen, einer am ersten, einer am letzten Tag, steht Orpheus auch an Anfang und Ende des diesjährigen BAM!-Festivals.

BAM!, das Festival der freien Musiktheaterszene Berlins, findet 2019 zum zweiten Mal statt. Wie schon 2018 vereint es in engem zeitlichen Rahmen ein dichtes Programm aufregender Ausblicke auf neue Wege im Musiktheater. Kaum um Oper geht es hier mehr, doch aber um Formen, die noch immer deren ursprünglicher Fragestellung folgen, sich neu also auf die Suche begeben nach einem Ineins von Klang und Bühnenaktion. Neue Theaterstrategien treten dabei an die Stelle früherer Erzählformen. Sie sind eng verknüpft mit veränderten Arbeitsmethoden, die mit den Strukturen des Stadttheaterbetriebs immer noch kaum in Einklang zu bringen sind. Nur im ungezähmten Raum der freien Szene hat dies neue Musiktheater deshalb seinen Ort. BAM!s Anliegen ist es, Ansätze dieses Theaters für ein größeres Publikum zusammen zu führen, eine Plattform zu stiften, die sie zueinander in Beziehung setzt, der Frage auch nachgehen lässt, was sie in all ihren Varianten vereint und wohin also heute die Wege des Musiktheaters führen.

Orientierung liefert vielleicht hierbei schon diese Webseite. Ein Gutteil der hier vorgestellten Mitwirkenden ist kaum mehr allein nur einem traditionellen Theaterberuf zuzuordnen. Eine der besonderen Stärken der besonderen Musiktheaterszene Berlins ist, dass sie von überall her inzwischen Künstlerinnen und Künstler vereint, die vorhandene Reglementierungen des Musik- und Theaterbetriebs hinterfragen, sich im Interesse drängender Fragen ihrer Kunst auf eigene Faust auch jenseits ihres ursprünglichen Ausbildungsbereichs professionalisiert haben. Und deutlich wird beim Blättern durch die Seite auch ein weiteres: Wo Demokratie auf der Staatsebene mehr denn je heute auf dem Prüfstein steht, treten hierarchische Beziehungen im freien Musiktheater zurück, werden ersetzt durch Entscheidungsräume gleichberechtigter Kollektive.

BERLIN MEETS ROTTERDAM. – Neben einer Präsentationsfläche, die freies Musiktheater einem größeren Publikum sichtbarer macht und es herausführt aus seiner Vereinzelung im gemischten Programm freier Spielstätten, fehlt ihm ein Netzwerk kooperierender Produktionshäuser, durch welche Aufführungen die Chance erhielten auch jenseits ihres Entstehungsorts Zuschauer zu finden. In vielen Ländern Europas existiert eine interessante Szene freien Musiktheaters. So selten ihre einzelnen Regionen zu Austausch finden, so stark unterscheiden sie sich auch in ihrer Formensprache.

Zusätzlich zur Berliner Szene will BAM! bei jeder seiner Austragungen künftig deshalb jeweils ein zweites Zentrum freien Musiktheaters ins Auge fassen. Den Anfang macht 2019 ein Brückenschlag hin zur pulsierenden Szene der Niederlande, möglich gemacht durch BAM!s Schulterschluss mit den »Operadagen Rotterdam«. Unter dem Label »Berlin meets Rotterdam« präsentiert BAM! drei ausgewählte Produktionen aus der verschwisterten Musiktheaterszene der Städte Rotterdam und Amsterdam. Ein Symposium widmet sich gleichzeitig Hintergründen von Arbeitsweisen, Fördersystemen und Ästhetiken, die Berlin und den holländischen Raum unterscheiden. Im Gegenzug zur Einladung holländischer Stücke werden im kommenden Mai dann drei der diesjährigen Berliner Aufführungen bei den »Operadagen Rotterdam« gezeigt. Dem Berliner Publikum öffnet dieser Austausch einen Blick auf alternative Wege aktuellen Musiktheaters, der Berliner Musiktheaterszene öffnet er ein Fenster zu zusätzlichen Auftritten, internationaler Publizität und künftigen Partnern.

Mit einem Areal eng benachbarter Aufführungsstätten wurde BAM! 2018 zu einer Begegnungsstätte, in der sich Besucherinnen und Besucher ständig neu über den Weg liefen. Fokussierter noch ist der Festivalraum dieses Jahr, denn seinen Anker wirft BAM! in der Berliner Volksbühne aus! Bis in den Foyerbereich werden alle ihrer Spielstätten bespielt. Acker Stadt Palast, Ballhaus Ost und die St. Elisabeth Kirche scharen sich als Satelliten um dieses Zentrum. Im Grünen Salon der Volksbühne sind BAM!s Festival-Lounge und seine Late Night Veranstaltungen untergebracht. Bei freiem Eintritt bieten sie Gelegenheit zu Begegnung, Gedankensortieren und Betrinken.

BAM! wird ausgetragen vom Verband ZMB (Zeitgenössisches Musiktheater Berlin), in dem sich Berlins freie Musiktheaterszene zusammengeschlossen hat.

Cast & Crew

Regie
Uli Aumüller
Produzent
Roland Quitt
Schnitt
Sebastian Rausch